Historisch war Hamburg bereits zu Zeiten der Hanse mit den Häfen der Ostseeregion eng verbunden und übernahm als Umschlag- und Handelsplatz eine wichtige Funktion.

Heute ist die Ostseeregion für den Hamburger Hafen nach China die zweitwichtigste Marktregion im Containerverkehr und hat das Potenzial, sich zu einer der innovativsten, florierenden und wettbewerbsfähigsten Regionen in Europa zu entwickeln.

Der globale Transport- und Logistikmarkt hat sich in den letzten Jahren auf ökonomischer, ökologischer und politischer Ebene gravierend verändert und erfordert leistungsfähige Verkehrsanbindungen für international ausgerichtete Transportketten.

Für den Hamburger Hafen besonders wichtige Verbindung in den Ostseeraum: Der Nord-Ostsee-Kanal

Mit jährlich rund 30.000 Schiffspassagen ist der 1895 eingeweihte Nord-Ostsee-Kanal (NOK) die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Für den Hamburger Hafen ist es die kürzeste Verbindung mit der Ostsee. Durch kräftige Investitionen sind die Weichen gestellt, um den Kanal für heutige und zukünftige Verkehrsanforderungen ausreichend leistungsfähig zu machen. Bis 2030 soll der (NOK) mit gegenwärtig mehr als 30.000 Schiffspassagen und einer transportierten Gütermenge von knapp 100 Millionen Tonnen jährlich mittels eines umfassenden Modernisierungsprogramms auf die Zukunft vorbereitet werden. Wichtige Elemente, wie das Schleusenprojekt, sind auf gutem Weg.

Inzwischen laufen die Bauarbeiten für den Bau einer fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel sowie die Planung der bereits finanziell gesicherten Anpassung der engen und kurvenreichen Oststrecke vor Kiel. Auch der Ersatzneubau der „Kleinen Schleusen“ in Kiel-Holtenau sowie die Modernisierung der dortigen „Großen Schleusen“ befinden sich bereits in Planung.

Der neue Bundesverkehrswegeplan 2030 enthält für den Norden und speziell für den Nord-Ostsee-Kanal positive Aussagen. Die Vertiefung des gesamten Kanals hat dort Eingang als vordringlicher Bedarf in die sogenannten „neuen Vorhaben“ gefunden. 

Die Wirtschaft ist auf einen gut ausgebauten und leistungsfähigen NOK angewiesen, damit neben dem deutschen Außenhandel auch die Handelsgüter des dynamisch wachsenden Ostseeraums den schnellen und kurzen Wasserweg ohne Probleme nutzen können. Davon profitiert auch der Hamburger Hafen, der mit rund 120 Feederverbindungen pro Woche durch den Nord-Ostsee-Kanal auf kürzestem Weg mit der Ostseeregion verbunden ist. Hamburg ist mit seinem dichten Netz an Feeder- und Liniendiensten der westlichste Haupthafen für die Staaten im Ostseeraum und übernimmt in beträchtlichem Umfang die Funktion einer Drehscheibe für deren Ostseeverkehre.

Auch wenn vereinzelt Direktanläufe von Ostseehäfen erfolgen, wird auch bei niedrigen Bunkerraten weiterhin die Masse der Container per Feederschiff transportiert werden. Zum einen ist die Verteiler- und Sammlerfunktion der kleineren Feederschiffe, die auch mit geringeren Umschlagmengen eine Vielzahl an Häfen in der Ostsee fahrplanmäßig bedienen können, ein Vorteil gegenüber Großschiffen, die in ihre Fahrpläne aus Kostengründen möglichst wenige Anlaufhäfen mit großer Umschlagmenge einbeziehen.

Und dann bietet der Nord-Ostsee-Kanal einen weiteren großen Wegevorteil: Von Hamburg nach Gdansk sparen Feederschiffe mehr als die Hälfte der Fahrtstrecke, wenn sie die Abkürzung durch den NOK nehmen und sie nicht um das norddänische Skagen den bedeutend längeren Weg in die Ostsee wählen. Hinzu kommt, dass die kürzere Strecke durch den NOK auch einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung des Schadstoffaustoßes bringt. 

Insgesamt ist der Nord-Ostsee-Kanal auf einem sehr guten Weg. Wenn die geplanten Maßnahmen zur Modernisierung und zum Ausbau bis 2030 umgesetzt sind, wird der NOK leistungsfähiger und für die Schifffahrt als Shortcut ins Baltikum attraktiver werden als jemals zuvor. In Zukunft soll jedes Schiff, das für eine Kanalpassage angemeldet ist, bereits 10 bis 15 Stunden vor Erreichen der Schleusen in Kiel oder Brunsbüttel seinen voraussichtlichen Schleusungszeitpunkt mitgeteilt bekommen – vergleichbar einem Slot beim Anflug auf einen Flughafen. Heute geht es im Prinzip danach, wer zuerst vor der Schleuse eintrifft.

Die Einführung der Zulaufsteuerung würde zum Beispiel zwischen Hamburg und Brunsbüttel bedeuten, dass Schiffe sich kein regelrechtes ‚Wettrennen‘ mehr liefern müssten, sondern ihre Reise exakt planen und damit treibstoffeffizient fahren könnten. Das Ergebnis wäre ein geringerer Bunkerverbrauch und damit nicht zuletzt eine Reduktion von Abgasemissionen. Außerdem würden weniger Schiffe auf Reede vor den Schleusen liegen, was im Interesse der Sicherheit in diesen stark frequentierten Revieren liegt. Und zu guter Letzt wäre auch der Lotseneinsatz besser planbar. Die neue Zulaufsteuerung bringt also eine ganze Fülle von Vorteilen für die individuellen Kanalkunden, aber auch für die Sicherheit und den Umweltschutz auf See mit sich.

Geplante Fehmarnbeltquerung bringt Hamburg seinen skandinavischen Nachbarn noch näher

Die Idee ist nicht neu und ihre Realisierung erfordert Geduld. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts begeisterte die Menschen der Gedanke, den knapp 18 Kilometer kurzen Weg über die Ostsee zwischen Mitteleuropa und Skandinavien zu überqueren. Heute rückt das Ziel in Form einer festen Verbindung zwischen Dänemark und Deutschland zum Greifen nah. Den Grundstein bildet der im September 2008 geschlossene Staatsvertrag zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland über den Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt. Es ist ein Projekt von einer Größenordnung, von der das transeuropäische Verkehrsnetz von Finnland bis Sizilien profitieren wird. Dabei soll ein 17,6 Kilometer langer Tunnel von Puttgarden auf Fehmarn über den Belt nach Rødby auf Lolland führen. Dänemark verantwortet den Bau des Absenktunnels und dessen Anbindung auf der dänischen Seite, während Deutschland sich verpflichtet hat, eine leistungsfähige Straßen- und Schienenanbindung auf deutscher Seite bereitzustellen.

Seit 2008 ist viel Wasser den Belt entlang geflossen und die Größe des Projekts hat ihren Tribut gefordert. Obwohl ein Großteil des mit 7,4 Milliarden Euro veranschlagten Tunnelbaus durch Dänemark finanziert wird, waren auf deutscher Seite Proteste von Bürgern und Naturschützern und ein entsprechender Zeitverzug zu verzeichnen. So war der für 2015 geplante Baubeginn nicht zu halten. Aktuell wird frühestens mit dem Start der Bauarbeiten Ende 2019 gerechnet. Diese ziehen sich wiederum über rund 8,5 Jahre. Die Kosten für Deutschland beschränken sich auf den Ausbau der Hinterlandanbindung. Zwischenzeitlich keimten auch unter dänischen Politikern Zweifel auf. Beim Folketing, dem dänischen Parlament, kam die Umsetzung der Fehmarnbeltquerung im März 2016 erneut zur Abstimmung. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für das Projekt und machte so den Weg für den geplanten Tunnelbau frei. Nachverhandlungen mit den Bauunternehmen führten 2016 zu einer Senkung des Budgets auf rund 7,1 Milliarden Euro.

Femern A/S wurde vom dänischen Verkehrsminister mit der Planung und dem Bau des Fehmarnbelt-Tunnels zwischen Deutschland und Dänemark beauftragt und führt die Gespräche mit den potenziellen Bauunternehmen. Ende Mai 2018 nahmen diese ein gutes Ende und ein wichtiger Meilenstein im Projekt Fehmarnbeltquerung wurde erreicht: Die Planungsgesellschaft unterzeichnete vier Hauptbauverträge im Wert von 4 Milliarden Euro mit den für den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels ausgewählten internationalen Konsortien. Das Vorliegen des deutschen Planfeststellungsbeschlusses ist eine Bedingung, die für den Baustart erfüllt sein muss. Somit ist die deutsche Baugenehmigung das noch fehlende Puzzlestück für einen Baubeginn.

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Foto: HHM

Ingo Egloff ist Vorstand bei Hamburg Hafen Marketing e.V. www.hafen-hamburg.de

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